Karlsruher Institut für
Wirschaftforschung
KIWIFO
Im Zuge der Währungsreform 1948 wurde den Bürgern ein Kopfgeld von 40 DM und später noch einmal von 20 DM ausgeteilt. Dies war also der
Geldbetrag, den jeder Bürger zu Anfang mindestens besaß; manche Bürger hatten auch damals schon mehr Geld als andere. Die 60 DM waren aber
im Vergleich zu heute sehr viel Geld, denn sie entsprachen circa einem Viertel des durch die Währungsreform pro Kopf geschaffenen neuen Geldes.
Hier geht es nun darum zu ermitteln, wie das Einkommen eines Bürgers hätte wachsen müssen, damit er seine anfängliche Kaufkraft von 60 DM
kontinuierlich erhält.
Um im Folgenden nicht weiter umrechnen zu müssen, setzen wir die 60 DM mit 30 € gleich. Wir ignorieren hier auch die Tatsache, dass zwischen 1948
von heute eine Zeitspanne liegt, die jegliches Arbeitsleben überschreitet. Zur Vereinfachung betrachten wir einen Arbeitnehmer, der sein Einkommen
am Monatsanfang erhält. Für einen Unternehmer gelten im Prinzip die gleichen nachfolgenden Überlegungen, nur dass bei ihm die Geldzuflüsse sich
nicht auf eine Zahlung im Monat konzentrieren, sondern die Zahlungen ständig und unregelmäßig stattfinden.
Im ersten Schritt müssen wir uns klarmachen, welchen Monatslohn unser Bürger überhaupt bräuchte, um seine anfängliche Kaufkraft von 30 € zu
erhalten. Dazu betrachten wir in der Abbildung oder in der Excel-Tabelle das kleine 3D-Diagramm auf der linken Seite. Ein Bürger würde seine Kauf-
kraft von 30 € natürlich erhalten, wenn er das Geld überhaupt nicht ausgeben würde. Da das nicht dem Zweck des Geldes und freilich auch nicht
unserer Erfahrung mit dem Geld entspricht – "der Rubel muss rollen" –, muss Folgendes gelten: Unser Bürger muss zu Beginn des Monats den doppel-
ten Betrag, also 60 €, als Lohn bekommen, bis zur Mitte des Monats hat er die Hälfte ausgegeben und bis zum Ende des Monats den gesamten Betrag.
Sie sehen den Verlauf seines Geldbesitzes beziehungsweise seiner Kaufkraft in dem Diagramm links im Bild. Der Bürger hat damit Monat für Monat im
Monatsdurchschnitt eine Kaufkraft von 30 €, also wie zu Beginn, als das Kopfgeld ausgezahlt wurde. (Je nachdem, wie sich die Ausgaben über den
Monat hinweg verteilen, kann die monatsdurchschnittliche Kaufkraft höher oder niedriger ausfallen, sodass für den Erhalt von 30 € Kaufkraft das
erforderliche Einkommen denn auch niedriger beziehungsweise höher sein müsste. Wir belassen es aber bei diesem simplen Beispiel.)
Als Nächstes geht es darum zu verstehen, dass die Geldmenge und in geringem Maße die Bevölkerung gewachsen sind und dass daher auch die
durchschnittliche Kaufkraft eines jeden Bürgers wachsen müsste, wenn dieser seine anfängliche, persönliche Kaufkraft im Vergleich zu allen übrigen
Bürgern erhalten möchte. Diese Berechnung finden Sie in Zeile 5 der Excel-Tabelle. Aus 30 € pro Kopf im Jahr 1948 sind auf diese Weise im Jahr 2011
circa 7860 € pro Kopf geworden. Mit 7860 € hat also ein Bürger im Vergleich zu allen übrigen Bürgern dieselbe Kaufkraft wie ein Bürger sie 1948 mit
den 30 € Kopfgeld hatte.
Für die Berechnung des hiermit korrespondierenden Monatseinkommens gilt dasselbe, was wir bereits für das Jahr 1948 und die 30 € Kaufkraft gesagt
haben. Zu Monatsanfang brauchen wir den doppelten Betrag, also 15.721 €, zur Monatsmitte hat der Bürger die Hälfte ausgegeben und zum Monats-
ende den Rest.
Wir können also feststellen, dass das Kopfgeld von 1948 von 60 DM (30 €) eine Kaufkraft vermittelte – immer im Verhältnis zu der übrigen Bevölkerung
– wie heute ein Monatseinkommen von 15.721 €. Dies ist freilich ein Einkommen, wie es heute nur ein sehr kleiner Prozentsatz der Bevölkerung hat.
1948 dagegen hatte jeder (mindestens!) diese Kaufkraft.
Auch diese Modellrechnung zeigt eindrucksvoll, dass mit der Einkommensentwicklung der breiten Bevölkerung in den Jahren seit 1948 etwas gravie-
rend schief gelaufen ist. Mit einer breitgeschichteten Massenkaufkraft, von der Ludwig Erhard sprach, hat die Geld- und Einkommensverteilung heute
nichts mehr zu tun.
Wie an anderer Stelle dargestellt, ist die Geldmenge in
Deutschland seit der Währungsreform 1948 im Schnitt um
etwas über 10 % jährlich gewachsen. Die Bevölkerung ist seit-
her – unter Einschluss des Beitritts der DDR 1989 – im Schnitt
um circa 0,765 % jährlich gewachsen. In diesem Essay soll
erklärt werden, in welcher Beziehung das Wachstum der
Geldmengen in Deutschland und deren Verteilung auf die
Bevölkerung zu der Einkommensentwicklung der einzelnen
Bürger steht. Es geht um die Frage, welches Einkommens-
wachstum ein Bürger braucht, damit er sich dieselbe
Kaufkraft erhält, die er 1948 nach der Währungsreform hatte.
Die Berechnungen dazu erhalten Sie in der Excel-Tabelle Kaufkraft_und_Einkommen.xls.
Kaufkraft und Einkommen
04.02.2011